Israel Epstein, der Mann, der der Nachrichtenagentur Xinhua half, ihre erste englische Meldung zu senden
Am 1. September 1944 sendete die Nachrichtenagentur Xinhua aus einer Höhle im Qingliang-Berg in Yan’an ihre erste englischsprachige Depesche in die Welt, in der sie über die Achte-Route-Armee, die Neue Vierte Armee und die von der KPCh geführten antijapanischen Stützpunktgebiete berichtete. Von da an konnte die Welt die Stimme der KPCh hören. Hinter dieser bahnbrechenden Meldung standen die beharrlichen Bemühungen eines KPCh-Mitglieds mit „ausländischem Gesicht“, Israel Epstein.
Epstein wurde 1915 in einer jüdischen Familie in Warschau geboren und zog im Alter von zwei Jahren mit seinen Eltern nach China. Später erinnerte er sich an seine Kindheit in Tianjin: „Bevor ich 10 Jahre alt war, herrschte in China Bürgerkrieg und ich sah viele Flüchtlinge, die abgemagert und zerlumpt nach Tianjin strömten. Einige bettelten unter Tränen um Essen, andere sahen sich sogar gezwungen, ihre Kinder zu verkaufen. An einem kalten Wintermorgen sah ich einen Jugendlichen, der in einer Türöffnung kauerte, um sich vor dem beißenden Wind zu schützen, nur um festzustellen, dass er längst erfroren war.“Der junge Epstein war immer wieder schockiert darüber, wie arm und schwach China war und wie viel Leid das chinesische Volk ertragen musste. Er begann zu grübeln: Wer in aller Welt könnte China retten? Und was für ein Ziel sollte er in seinem Leben verfolgen?
Zwischen 1937 und 1938 reiste Epstein als Korrespondent der United Press International (UPI) u. a. nach Shanghai, Nanjing und Wuhan. Im April 1938 ging er an die Front, um über die Schlacht von Taierzhuang zu berichten. Er sah mit eigenen Augen, dass die Achte-Route-Armee an der Seite des Volkes stand; sie ermöglichte es den Massen, endlich ihre eigenen Rechte zu genießen und zum ersten Mal ein würdevolles Leben als Menschen und Bürger zu führen. Die Menschen begriffen, dass die Verteidigung ihrer Heimat auch die Verteidigung ihres eigenen Bodens bedeutete. So schlossen sie sich in Scharen freiwillig den militärischen Organisationen an, die von der Achte-Route-Armee gegründet worden waren.
Epstein, Schriftsteller Mao Dun u. a. in Chongqing
Im Mai 1944 betrat Epstein als UPI-Korrespondent mit einer Delegation ausländischer Journalisten den Boden von Yan’an. Auf dem Weg dorthin stellten sie fest, dass die Soldaten und Dorfbewohner des Grenzgebiets trotz der strengen Blockade durch die GMD eine „Große Produktionsbewegung“in Gang gesetzt hatten, um die trostlosen Berge und das karge Land im Norden von Shaanxi in Ackerland zu verwandeln. Sie kamen an goldenen Weizen- und Hirsefeldern sowie üppigen Bohnen-, Baumwoll- und Flachsfeldern vorbei, die alle eine gute Ernte versprachen. Noch mehr beeindruckt waren sie, als sie Off i ziere und Soldaten der 359. Brigade in Nanniwan sahen, die auf den Feldern emsig Hacken und Schaufeln schwangen und dabei Arbeitslieder summten. In einem Bericht über seine ersten Eindrücke aus dem nördlichen Shaanxi schrieb Epstein: „Der trostlose Norden von Shaanxi ist heute ein Ort, an dem intensive Landwirtschaft betrieben wird, an dem Rinder und Schafe auf den Bergen weiden, an dem das Kunsthandwerk floriert und die Menschen gut ernährt und gekleidet sind. Soldaten und Zivilisten haben große Teile des Ödlandes gemeinsam urbar gemacht. Die Garnison betreibt im Sommer Landwirtschaft und trainiert im Winter; sie kann sich jetzt selbst versorgen, ohne die örtlichen Bauern zu belasten.“
Epstein hatte das Gefühl, sich in einer anderen Welt wiederzufinden: „Anstatt vor den Soldaten wegzulaufen, wie es die Menschen anderswo in China oft taten, brachten die Bauern den Truppen heißes Trinkwasser und kümmerten sich unaufgefordert um die Pferde. Im Allgemeinen behandelten die Leute die Soldaten so, als wären sie ihre eigenen Familienmitglieder fern der Heimat.“Alles war so anders in Yan’an. In einem Brief an seine Frau schreibt Epstein: „Dieses Grenzgebiet ist wie ein großartiges Land im kleinen Maßstab. Die Menschen hier sind viel aktiver als in anderen Gebieten. Sie repräsentieren China und sie repräsentieren die Zukunft. Das sagen sie zwar nicht direkt, aber man sieht es deutlich an ihren selbstbewussten Worten und Taten, an ihrem Lächeln und ihrem Gesichtsausdruck. Ich bin schon jetzt fest davon überzeugt, dass Yan’an Chinas Zukunft im Kleinformat ist und dies im nächsten Jahrzehnt auch beweisen wird.“
In Yan’an führte er drei Monate lang Interviews und hatte zahlreiche direkte Kontakte und Gespräche mit Mao Zedong, Zhu De und Zhou Enlai. Er war beeindruckt von Maos „Fähigkeit, sehr komplexe strategische Ideen in sehr einfache und tiefgründige Worte zu fassen, sodass selbst die Ungebildeten seine Bedeutung und Argumentation verstehen können“. „Obwohl er in einer Höhle in Yan’an lebte, wusste Mao Zedong viel über die Außenwelt. Dass Mao ein großer Mann des Jahrhunderts war, war der Eindruck, den alle teilten, die ihm begegnet waren, auch diejenigen, die eine gegenteilige politische Haltung vertraten. Charakterlich verband er Ernsthaftigkeit mit Humor, Geduld mit Entschlossenheit, Denk- mit Handlungsfähigkeit und Selbstbewusstsein mit Bescheidenheit.“Epstein beschrieb Zhu als einen liebenswürdigen alten Mann, der nicht wie ein kampferprobter General aussah. Er beobachtete, dass Zhou alle gleich behandelte und seine eigenen Bedürfnisse vernachlässigte. „So beschäftigt er auch war, er fand immer Zeit, sich nach der Arbeit, dem Studium und dem Leben seiner Untergebenen zu erkundigen.“
Während seines Aufenthalts in Yan’an schickte Epstein zahlreiche Berichte, die es der Welt ermöglichten, mehr über Yan’an und die KPCh-Führer zu erfahren. In einem solchen Bericht an die New York Times schrieb er, dass die Achte-Route-Armee eine enge Beziehung zur Zivilbevölkerung habe und diese niemals mit Forderungen unter Druck setze. Viele Jahre später erinnerte er sich an die Reise nach Yan’an als einen wichtigen Besuch, der ihn dazu inspirierte, für den Rest seines Lebens den revolutionären Weg zu gehen: „Ich sah ein völlig anderes China, das sich von dem China unter der Herrschaft der GMD von Tschiang Kai-schek völlig unterschied. Dieses China war voller Hoffnung und frei von Hunger und defätistischen Gefühlen.“Er war davon überzeugt, dass die Herrschaft der Reaktionäre enden würde und dass ein neues China unter der Führung der KPCh entstehen würde.
Diese Reise nach Yan’an war auch der Beginn von Epsteins Verbindung mit der Kantate vom Gelben Fluss . Inspiriert von der Tapferkeit des chinesischen Volkes, die in dem Lied zum Ausdruck kommt, übersetzte er als Erster den Text ins Englische, um es dem internationalen Publikum vorzustellen.
1945 kehrte Epstein in die Vereinigten Staaten zurück und 1949 wurde die Volksrepublik China gegründet. Zusammen mit anderen progressiven Aktivisten setzte er sich dafür ein, Light in the Broad East zur ersten amerikanischen Publikation zu machen, die die Nationalflagge des Neuen China zeigte.
Epstein kehrte 1951 nach China zurück und erhielt sechs Jahre später die chinesische Staatsbürgerschaft. Im Jahr 1964 wurde er Mitglied der KPCh.
Epstein besuchte auch dreimal Tibet, und zwar 1955, 1965 und 1976. Er interviewte fast tausend Menschen und hinterließ Notizen, die sich auf eine Million Wörter summierten. Auf dieser Grundlage schrieb er das Buch Tibet Transformed. Es war eine wahrheitsgetreue Aufzeichnung der dramatischen Veränderungen, die in Tibet stattgefunden hatten und immer noch stattfanden, und sie waren grundlegende Veränderungen, die den überwältigenden Trend der Geschichte darstellten. Durch seine Einführung wurden die Tibetpolitik des Neuen China und die Veränderungen in der Entwicklung Tibets seit der Befreiung einem breiteren Publikum bekannt gemacht.
Epstein gestand einmal ergriffen: „In der Zeit und in dem Raum, den die Geschichte für mich vorgesehen hat, kann ich mir nichts Besseres und Bedeutenderes vorstellen als meine persönliche Erfahrung und meine Präsenz in der revolutionären Sache des chinesischen Volkes. Das chinesische Volk, das ein Fünftel der Menschheit ausmacht, ist von zentraler Bedeutung für das Schicksal der ganzen Welt. In diesem Prozess der chinesischen Volksrevolution gab es, wie in allen anderen Prozessen auch, Freude und Leid, Höhen und Tiefen, doch im Großen und Ganzen ging es aufwärts. Damit leistete die chinesische Revolution einen Beitrag zum nationalen und internationalen Fortschritt.“
Im Mai 2005 verstarb Epstein in Beijing nach einer glorreichen und außergewöhnlichen Lebensreise. In seinen letzten Momenten sagte er zu den Menschen, die ihm nahestanden, dass Chinas großer internationaler Einfluss im Wesentlichen auf die enormen Fortschritte des Landes zurückzuführen sei, aber das sei erst der Anfang. Wie schon in der Vergangenheit sei auch der Weg in die Zukunft mit vielen Stolpersteinen gepflastert, aber Chinas Fortschritt sei unaufhaltsam.