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2.1 Labour's Love und der Traum der ersten chinesischen Filmpioniere

1922 ist ein wichtiges Jahr in der chinesischen Filmgeschichte.Die Ausstellung von Slapstick-Komödien und Krimiserien in der chaotischen Atmosphäre des Teehauses oder des schäbigen Blechhauses war mittlerweile Geschichte. Im Mai 1922 wurde Griffiths Way Down East in Shanghais Kino aufgeführt. Der Film löste ein Griffith-Fieber aus, das zwei Jahre andauerte. Damit gelang es zum ersten Mal, dass der Film als künstlerische Gattung die Aufmerksamkeit der Mainstream-Gesellschaft auf sich ziehen konnte.Kurz zuvor hatten die Geschäftsmänner Zhang Shichuan und Zheng Zhengqiu, ein Protagonist aus der Szene des Neuen Theaters , Zhou Jianyun, der zuvor als Redakteur gearbeitet hatte, sowie der bekannte Schauspieler des Neuen Theaters Zheng Zhegu und die SocietyFrau Ren Jinping im März 1922 in Shanghais Konzessionsgebiet die kleine Filmproduktionsfirma, das Mingxing-(Star-)Studio, gegründet.Zuvor hatten Zhang Shichuan und Zheng Zhengqiu dadurch einige Erfahrungen mit Filmproduktionen gesammelt, dass sie 1913 einen Film für die Filmfirma von zwei Amerikanern produziert hatten. Zhang Shichuan selbst hatte noch ein Unterhaltungszentrum in der obersten Etage eines großen Kaufhauses, in dem Filmvorführungen mit anderen Unterhaltungsprogrammen angeboten wurden. Gemeinsam produzierte das Team in diesem Jahr ein paar kurze Komödien, die sogar einen Weg in das damalige erstklassige Theater Olympic des Spaniers Romans fanden, der in dieser Zeit das größte Kinonetz in Shanghai hatte und in seinem Olympic sonst nur ausländische Prestigefilme zeigte. Eine ca. 22-minütige Komödie aus diesen frühesten MingxingsOutputs ist zum Glück bis heute überliefert. Sie hieß Labour s Love .

Es war einer der ersten von drei kurzen Komödien, die das Mingxing Studio im Gründungsjahr 1922 drehte. Es war auch der früheste chinesische Film, den man heute noch sehen kann. Ich kann mich immer noch an meine Begeisterung erinnern, als ich mir diesen Film anschaute. Der Film war für mich ein Ausdruck einer originellen Fantasie und des Pioniergeistes von interessanten Individuen, die Bilder hervorgebracht haben, die alle Grenzen überschritten, die von den Diskursen über den Film bis dahin erdacht worden waren.

Nach ein paar hintereinander eingeblendeten exotischen Landschaftsbildern wurde das Benshi („Benju shilue“, die Zusammenfassung) des Films gezeigt, zuerst die Version in Chinesisch und dann die in Englisch (Abb. 1.1-1.2). Im Vergleich zu der chinesischen Version ist die englische Version kürzer und prägnanter. Das chinesische Benshi übersetze ich im Folgenden:

Der kantonesische Tischler Zheng wechselte seine Branche und wurde ein Obsthändler. Er verliebte sich in die Tochter des Arztes Zhu und fragte bei Zhu nach seiner Erlaubnis, dass er seine Tochter heiraten dürfte. Arzt Zhu sagte, wenn er sein Geschäft verbessern könnte, dürfte er seine Tochter heiraten. Zheng ließ sich eine gute Idee einfallen und erfüllte die Bedingung des Arztes Zhus. So bekommt er schließlich die Tochter des Arztes Zhu zur Frau.

Danach fängt der Film direkt mit der Amerikanischen von dem Obsthändler Zheng an und zeigt, wie er das Halbieren einer Wassermelone zu einem Akt des Tischlerns verwandelt. Er misst zuerst die Wassermelone mit einem Zollstock und merkt, dass das Lineal zum Messen der Rundform der Wassermelone nicht taugt. Das kann den Tischler aber nicht davon abbringen, die Wassermelone ordentlich halbieren zu wollen. Er holt dann die Markierungsschnur und markiert damit die Wassermelone. Von dem Werkzeugbrett, das hinter ihm steht, nimmt er eine Säge herunter. Für die nächste Aktion,in der er mit leicht übertriebenem Gesichtsausdruck die Wassermelone an der Markierung entlang sägt, was ganz lustig aussieht, wird eine Nahaufnahme eingeschnitten - kurz und aus einer wenig zu differenzierenden Perspektive, sodass der Schnitt und die Veränderung der Bildgröße selbst auffallen (Abb. 1.3-1.4). Die andere Aktion mit dem Zuckerrohr folgt demselben Schema. Dass Zheng die Länge des Zuckerrohrs mit dem Zollstock misst, wird in der Amerikanischen gezeigt. Dann wird zu der Nahaufnahme gewechselt, die die Verwandlungsnummer des Tischlers den Zuschauern in der Geste des Spektakulären präsentiert, wie er die zwei Enden des Zuckerrohres mit der Axt abhackt und es anschließend mit einem Hobel schält (Abb.1.5-1.7)。

In den folgenden Jahren entwickelte sich das Mingxing-Studio zu einem der größten und wichtigsten Filmstudios in Shanghai. Darauf wird aber bereits in Labour's Love hingedeutet. Denn schon in dieser aus dem Jahr 1922 datierten kurzen Komödie, die in einem gemieteten Studio bei Tageslicht von den Gründern des Mingxing-Studios nahezu handwerklich gefertigt wurde, schlägt sich bereits der Traum der chinesischen Geschäftsbourgeoisie von der Massenproduktion nieder.Es ist nicht zufällig, dass der Film einen Handwerker als Protagonisten hat: Zhang Shichuan führte für Labour's Love die Kamera; Zheng Zhengqiu konzipierte die Geschichte und spielte selbst in dem Film die Rolle des Arztes Zhu; den Tischler Zheng spielte Zheng Zhegu.

Zuhause dachte Zheng über Doktor Zhus Bedingung für seinen Heiratsantrag nach. Über Zhengs Wohnung befand sich ein Nachtklub.Über die Holztreppe, die neben seiner Tür an der Wand stand, stiegen die Klubgäste zum ersten Stock. In dieser Nacht hielt die Schlägerei der Nachtklubgäste Zheng vom Schlaf ab. Er hatte plötzlich die Idee,wie er das Geschäft des Arztes verbessern könnte. Er nahm alle Bretter aus der Treppe, sägte sie zurecht und baute sie wieder in die Treppe ein mit dem Mechanismus, dass durch einmal Schieben alle Bretter in dem gleichen Winkel fielen und eine glatte Oberfläche formten.Dass er die Bretter Stück für Stück wieder in die Treppe einbaute,wird durch die Filmmaschine mit dem Zeitraffer beschleunigt. In der nächsten Nacht versteckte Zheng sich hinter der Treppe. Als der erste leicht betrunkene Gast herauskam und die Treppe betrat, verschob er die Bretter und verwandelte die Treppe dadurch in eine Rutschbahn.Der Gast schlitterte, fiel herunter und landete verletzt auf dem Boden.Das Gleiche passierte auch den anderen Gästen, die herauskamen.Nach einiger Zeit verwandelte Zheng mit seiner Rutschbahn die Gäste des Nachtklubs alle in potenzielle Kunden für den Arzt. Wie ein Fließband warf die Rutsche die Menschen einen nach dem anderen für einen Arztbesuch aus (Abb. 1.8-2.2). Diese große Zahl an Verletzten,die schließlich alle bei dem Arzt Zhu auftauchten, überstieg jedoch offensichtlich die Kapazität des kleinen Arzthauses, das eigentlich nur eine kleine Familienwerkstatt war. Dieses Problem löste der Film wieder mit der Beschleunigungstechnik. Die gebrochenen Arme, die geknickten Beine und die verdrehten Hälse wurden mit Gewalt rasend schnell herumgedreht und dann zurückgedreht, und das Ganze wurde nochmal durch den Zeitraffer beschleunigt (Abb. 2.3-2.5). Dabei sahen die Patienten so aus, als ob sie alle angeschraubte Gelenke hätten:Spiegelte sich in der Fantasie der kleinen privaten Unternehmer Zheng und Zhu von dem handgefertigten „Fließband“ und der nahezu mechanisch aussehenden „Reparatur“ der Massen von Patienten nicht der Wunsch der Filmemacher selbst wider, nämlich die Verwandlung vom handwerklichen Betrieb in die industrielle Produktion von viel höherer Produktionseffizienz und viel größerem Profit?

Der Drang nach dem Profit steckt den ersten chinesischen Filmpionieren im Blut. Vor 1945 waren die chinesischen Filmstudios in Shanghai alle privatunternehmerisch. Und es ist wohl wahr, dass ab 1932 die Nationalpartei und die Kommunistische Partei die Studios in Shanghai, die zusammen für das größte Output des chinesischen Films sorgten, für ihre politischen Ziele gewinnen wollten. Manche„Wünsche“ kamen sogar direkt von dem Machtinhaber. Zhang Shichuans Frau erwähnte in ihren Memoiren, dass 1933 Chiang Kai-shek, der 1927 zum führenden Staatsmann Chinas aufgestiegen war, Zhang Shichuan ins Büro bestellte und ihn aufforderte, die Kommunisten in seinem Studio zu identifizieren. Zhang Shichuan sei enttäuscht von dem Treffen gewesen, der sich eigentlich Aufträge oder Unterstützung von Chiang erhofft hatte. [1] Dass damals in Shanghai von privaten Geschäftsleuten bis zum SMC (Shanghai Municipal Council), der Gesetzgeber für die internationalen Niederlassungen,die von einer ausländischen Geschäftsoligarchie gebildet wurden,primär ökonomische (nicht politische) Interessen verfolgte, war jedoch dagegen wahrscheinlich die beste Voraussetzung für die Entwicklung der chinesischen Filmindustrie in der extrem turbulenten Zeit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in China. Die chinesischen Filmstudios, die bis auf eine einzige Ausnahme alle in Shanghais ausländischen Konzessionsgebieten saßen, mussten sich weder direkter politischer Manipulation aussetzen, noch bekamen sie irgendeine Form von Unterstützungen durch den Staat. Eher mussten sie mit Repressionen rechnen. Das Überleben und die Entwicklung der chinesischen Filmstudios in Shanghai hingen in dieser Hinsicht einzig von den Kassenergebnissen ab. Das Prinzip von Shanghais Filmmarkt in der internationalen Niederlassung kommt gut in dem Wort von Lansing W. Hoyts, dem amerikanischen Trade Commissioner in Shanghai, zum Ausdruck: „There is no racial discrimination. It is all a question of Price“。 [2]

Meine Analyse zeigte, dass Labour's Love kein oberflächliches Nachmachen von Keystones Slapstick war, wie es nach dem herkömmlichen intellektuellen Diskurs lautete: Neben Labour's Love drehte Zhang Shichuan in dem Jahr noch zwei andere Komödien: Eine hieß Huaji dawang youhuji ( Der König der Komödie in Shanghai ), in dem ein englischer Zirkusmann Charles Chaplin spielte. Die andere hieß Danao guai juchang ( Das Chaos in dem Theater ), in der die Persona von Charles Chaplin und Harold Llody zusammen auftreten.Sicherlich hat Keystones Komödie einen wichtigen Einfluss auf die ersten chinesischen Filmemacher. Diesen erzielt Keystone durch die Form des Sichtbarmachens der Sphäre des Umgangs mit den Dingen,die nur durch das filmische Mittel als Spekulation erscheint. Die auffällige Verwendung von Nahaufnahmen gleich in der ersten Szene von Labour's Love zum Hervorheben von Zhengs handwerklichem Umgang mit den Dingen stellt die Funktion des filmischen Apparates und die Schnitttechnik selbst zur Schau, und gerade in dieser Hinsicht unterscheidet sich Labour's Love sowohl in seinen Darstellungsgegenständen als auch in der Darstellungsform von den frühesten Dramen- und Theaterverfilmungen. Laut den Filmhistorikern entstand der erste chinesische Film - Dingjung Mountain - in einem Fotostudio in Beijing 1905. In dem kleinen Innenhof des Feng Tai Fotostudios spielte der Darsteller Tan Jingpei als Opfer Pekings vor einem weißen Vorhang das Stück Dingjung Mountain, und der beste Fotograf des Studios kurbelte mit der Kamera vor ihm herum.

In den folgenden Jahren brach die Diskussion über die richtige Bewegungsmanier auf der Leinwand aus, da viele mit der Action und der Mimik der ersten Filmschauspieler auf der Leinwand nicht einverstanden waren, die meisten aus dem Neuen Theater stammten.Mit seinem Artikel Xinjujia buneng yanxi ma (Kann der Schauspieler des Neuen Theaters Film spielen) schaltete sich Zheng Zhengqiu, der Veteran des Neuen Theaters, in die Diskussion ein. Anders als die anderen reflektierte Zheng Zhenqiu den Unterschied zwischen dem Film und dem Theater und machte diesen an dem Vergrößerungsbild des Filmmediums fest, das direkten Einfluss auf die schauspielerische Praxis haben sollte:

Film ist der Gegensatz von Theater. Das Geschehen auf der Theaterbühne befindet sich vor oder neben der Kulisse und ist weiter entfernt von den Zuschauern. Der Schauspieler muss deshalb die Aktion immer sehr betonen. Mit dem Film ist das anders. Die Kamera ist beweglich. Das Objektiv kann seinen Gegenstand vergrößern, oder es kann sehr nah an den Gegenstand gestellt werden. Es gibt auch Bildaufnahmen von größerer Entfernung. Dennoch ist der Film im Vergleich zu dem Theater sehr unterschiedlich. Denn bei dem letzteren ist die Entfernung der Zuschauer von der Bühne unveränderlich. Bei dem Film wird der Gegenstand bis zur Projektion auf der Leinwand nochmals vergrößert. Wenn der Schauspieler auf der Bühne zu ruhig spielt, wird er den Zuschauer langweilen. Bei der Filmleinwand, auf der alles so groß und nah erscheint, gibt es für die kleine Mimik,die feinste Bewegung die Gefahr, als manieriert und unnatürlich aufzufallen, geschweige denn, von den größeren Körperbewegungen,wie Stehen und Gehen, die noch leicht auffallen würden. Wenn wir dieses zu Erkenntnis nehmen können, dann verstehen wir es, dass der Film und das Neue Theater sehr unterschiedlich sind. [3]

In der Tat zeigt sich in Labour's Love eine radikal anti-narrative Tendenz des Bildes, die nicht nur „Attraction“ ist. Mir scheint es,dass der Film gar keine Geschichte mit dem Bild erzählen möchte. Er erledigt das Erzählerische, die Zeit, den Ort, die Geschichte alles mit dem Wort in dem Benshi am Anfang des Films und in dem Zwischentitel, damit man mit den Nummern auf der Ebene des filmischen Bildes immer direkt beginnen kann. Wir wissen bis zum Ende des Films nicht genau, wo Zhengs Obststelle ist und wo die kleine Praxis des Arztes Zhu liegt. Das räumliche Verhältnis wird nicht durch das Bild vermittelt, und man bekommt nur einmal ein indirektes Indiz in der Nummer, dass Zheng das Obst in das Tuschgefäß mit der Richtschur füllt und zu der Tochter des Arztes hinüberpendelt.Dagegen wird das räumliche Verhältnis des Nachtklubs zu Zhengs Wohnung abermals auf der bildlichen Ebene betont, bevor Zheng die Idee mit der Treppe einfällt. Auch das Setbild wirkt manchmal wie ein Bühnenbild aus der frontalen Perspektive. Natürlich hatten die Filmemacher Requisiten aus dem Theater, das sie nebenbei betrieben,für den Film genommen. Wir müssen einerseits die wirtschaftlichen Bedingungen der Filmemacher berücksichtigen: Das reale Gründungskapital des Mingxing-Studios betrug lediglich zehntausend Yuan, das nach dem ersten Produktionsjahr schon aufgebraucht war. Anderseits glaube ich, dass für die Filmemacher insofern alles in Ordnung war, wenn das zweidimensionale Setbild die gleichen Informationen wie das dreidimensionale Setbild vermittelte, nämlich die Informationen, die eher für die visuelle Illusion des Narrativen sorgten. Doch unabhängig davon: Im Mittelpunkt des Films stehen unverkennbar die originelle Fantasie und die experimentelle Freude der ersten Filmemacher.

[1] Vgl. He Xiujun 何秀君, Zhang Shichuan he Mingxing yingpian gongsi 张石川和明星影片公司 (Zhang Shichuan und die Mingxing Filmgesellschaft), in:ZWD, S. 1536.

[2] Jay Leyda, Dianying-Electric Shadows. An Account of Films and the Film Audience in China , Cambridge 1972, S. 25.

[3] Zheng Zhengqiu 郑正秋, Xinjujia buneng yanxi ma 新剧家不能演戏吗 (Kann der Schauspieler des Neuen Theaters nicht Film spielen?), in: ZWD, S. 907. 5q3U+35E2aYCwsohSPbylD2HFr23mazhwploHrN2WMMLQlxYZ74Cw0ndFLof+MSV

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